Historie
Bevor es die „Freiwilligen“ gab, war das Löschen von Bränden jedermanns Angelegenheit und man konnte bestenfalls mit Nachbarschaftshilfe rechnen. Diese Hilfe war oft uneigennützig, wollte man doch verhindern, dass das Feuer auf das eigene Grundstück übergreift.
So könnte es auch in Grünau gewesen sein. Freiwillige Anwohner haben sich zusammen gefunden, um Nachbarn in der Not zu helfen.
In einer Festschrift zum 30 – jährigen Bestehen der 1876 gegründeten FF zu Cöpenick von 1906 wurde erwähnt, dass bei einem Brand in der Bachschen Fabrik am 11. August 1877 die Spritze von Grünau geholfen hatte, den Brand zu löschen.
Damit kann die Freiwillige Feuerwehr Grünau, mit der heutigen Amtsbezeichnung FF 5470, in Anspruch nehmen, eine der ältesten Vereine Grünaus zu sein.
Das erste Spritzenhaus befand sich unweit des alten Kirchhofs in der Friedrichstraße 3b, der heutigen Regattastraße 148.
Da die „Freiwilligen“ noch unorganisiert und unzureichend ausgestattet waren, wurden alsbald Freiwillige Feuerwehren gegründet. Wie eine Vielzahl von Gemeinden gehörte Grünau zu dieser Zeit noch zum Kreis Teltow (heute Brandenburg).
Als amtliches Gründungsjahr der FF-Grünau wurde im Teltower Kreiskalender das Jahr 1884 genannt.
Seit Mitte der 1980er Jahre hatten wir durch Überlieferung einer Ortschronistin Kenntnis von der ersten Erwähnung unserer Spritze im Jahr 1877. Mit dieser Überlieferung gehen wir heute davon aus, dass eine Aktivität von freiwilligen Löschhelfern bereits 1877 zu verzeichnen war.
Deshalb wollen wir daran festhalten, anhand dieser ersten Jahreszahl auch zukünftig wie bisher unsere Jubiläen zu begehen.
Mit zunehmenden Bevölkerungszahlen wurden auch in Grünau mehrgeschossige Häuser gebaut. Die Feuerwehrleute brauchten für Training und Ausbildung neuen Raum und Gerät. 1894 wurde das bestehende Spritzenhaus in der Friedrichstraße 3b erweitert.
Schon kurz darauf wurde in der damaligen Mittelstraße (heute Baderseestraße) rückwärtig zum Spritzenhaus der Bau eines Steigerturms genehmigt und errichtet. Die Feuerwehrmänner konnten nun mit Leitern trainieren, wie Häuserwände erklommen werden können.
Mit zunehmender Industrialisierung entwickelte sich auch die Technik der Feuerwehren. Es wurden bauliche Veränderungen für Gerät und Mannschaften notwendig. Auch die Mitgliederzahl der FF wuchs beachtlich an.
Auch in Grünau musste ein neues Spritzenhaus her.
1904 wurde der Neubau eines eingeschossigen Spritzenhauses in der Jägerstraße (heute Schlierseestraße 10) genehmigt und errichtet. Schon kurz darauf, im Jahre 1905, wurde ein Nachtrag zum Bauantrag für einen Steigerturm mit einer Höhe von 11,0 Metern, direkt angrenzend neben dem Gebäude, gestellt und daraufhin genehmigt und errichtet.
Dieses Gebäude war dann lange Jahre das Bild der Freiwilligen Feuerwehr Grünau. Es besaß drei Stellplätze und damit Platz für weitere Technik, die Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts mit Pferden gezogen wurde. Aus Überlieferungen konnten wir erfahren, dass ein Kutscher auch in der Schlierseestraße seine Pferde hatte. Beim Alarm mussten die Pferde angespannt werden und der Leiterwagen wurde aus der Garage gezogen.
Es sollten wieder zwanzig Jahre vergehen, bis für die immer größer werdende Mannschaft der eingeschossige Bau nicht mehr ausreichte. 1928 wurde das Gebäude von 1904 aufgestockt. Auch der neue Steigerturm hatte eine Höhe von über 20 Metern. Im Obergeschoß befand sich jetzt ein großer Mannschaftsraum für die theoretische Ausbildung und bestimmt auch für so manchen gemütlichen Abend.
In der NS-ZEit wurde die Feuerwehr zur Feuerschutzpolizei umstrukturiert
Nach der Machtergreifung der Nazis 1933 wurde auch die Feuerwehr in Mitleidenschaft gezogen. Die Feuerwehrleute erhielten 1934 neue Uniformen und mussten den Eid auf Adolf Hitler ableisten. Es erfolgte die Gründung des Sicherheits- und Hilfsdienstes. Die Feuerwehr wurde 1935 der Polizei unterstellt und hieß „Feuerlöschpolizei“, später „Feuerschutzpolizei“.
Auch in Grünau gab es Unterkünfte und Luftschutzräume, welche durch die Feuerschutzpolizei Gruppe Ost betrieben und verwaltet wurden. Die Luftschutzräume befanden sich in der Dahmestraße 6 sowie in der Regattastraße 47.
Im Februar 1945 erfolgte der schwerste Bombenangriff auf Berlin. Die Feuerschutzpolizei, selbst schwer betroffen, konnte nur noch notdürftig die schlimmsten Gefahren beseitigen. Mit Kriegsende besetzte die Rote Armee 1945 auch Grünau. In einem Sperrkreis von der Regattastraße bis zur Dahme war auch die Örtlichkeit des Gebäudes in der Schlierseestraße 10 über viele Jahre betroffen. Der Feuerwehrdienst kam nahezu zum Erliegen. Mit Kriegsende gerettetes Gerät wurde notdürftig in die heute noch auf dem Hof der Regattastraße 99 befindlichen Garagen gebracht. Hier sollen ab ca. 1950 erste Aktivitäten und Treffs der Feuerwehrkameraden stattgefunden haben. Aus dem Archiv der Berliner Feurewehr konnten wir erfahren, dass bis 1955 eine eingeschränkte Wehrtätigkeit stattfand.
Mit der Besetzung des Gebäudes 1945 durch die Rote Armee verschwanden auch alle historischen Unterlagen, Fotos, Urkunden und Aufzeichnungen in der Schlierseestraße. Durch Überlieferungen von Grünauer Bürgern versuchten wir mit großer Mühe, die Geschichte unserer Wehr zu rekonstruieren. An einer oder anderen Stelle blieben es leider nur Annahmen und Überlieferungen. Mit dem Abzug der Roten Armee (ca. 1957) konnten die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Grünau in das Gebäude Schlierseestraße 10 zurückziehen und die Arbeit wieder aufnehmen.
Erhalten sind uns Aufzeichnungen und Wachbücher ab 1958. Hier wird namentlich von Mitgliedern, Vorkommnissen und Einsätzen berichtet. Der erste Wehrleiter ab 1957 war Karl Drescher. Die offizielle Indienststellung des F-Zuges Grünau erfolgte am 23.12.1958.
Köpenicker Sommer und BILDUNG der ersten JuGENDFEUERWEHR
Das Leben der Feuerwehr normalisierte sich. Es fanden wieder öffentliche Übungen und Vorführungen statt. Bei Feierlichkeiten im Stadtbezirk durfte die Freiwillige Feuerwehr nicht mehr fehlen. Unsere mühsam aufgebaute historische Pferdekutsche nahm oft am Umzug des Köpenicker Sommers teil. Zur Nachwuchsgewinnung wurde regelmäßige Vorführungen auf dem Hof der Grünauer Schule in der Regattastraße gemacht. So manch ein Schüler wurde Mitglied der damals neu gegründeten Jugendfeuerwehr.
GETEILTES BERLIN
Die Freiwilligen Feuerwehren werden im Ostteil ab 1958 den Stadtbezirken unterstellt. Die Berufsfeuerwachen werden um diese Zeit als „Kommandos“ bezeichnet. Damit wird die FF-Grünau der Köpenicker Berufsfeuerwehr zugeordnet. Mit dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 gibt es nun auch territorial getrennte Feuerwehren in Ost- und Westberlin.
1975 wird vom Rat des Stadtbezirkes Köpenick eine Umbaumaßnahme des 1928 umgebauten FF-Gebäudes geplant und durchgeführt. Damit verschwindet ein historisches denkmalgeprägtes Gebäude in Grünau. Leider ist kein Fotomaterial des Gebäudes erhalten. Lediglich Bauunterlagen von 1928 liegen uns vor, sodass wir einen kleinen Eindruck überliefern können. Nach dem Ausscheiden des Wehrleiters Karl Drescher, wurde das Amt von Kamerad Dieter Grund, Kamerad Klaus Gisela und bis 1989 von Kamerad Werner Finke ausgeübt.
Rekonstruiertes Wachgebäude
Im November 1977 wurde an die Kameraden der FF-Grünau das rekonstruierte Wachgebäude übergeben. Mit Übergabe des modernen Gebäudes (zwei Fahrzeughallen im Erdgeschoss, Mannschaftsräumen im Obergeschoß) hatten die Kameraden ein neuen Anlaufpunkt. In den folgenden Jahren etablierte sich die Freiwillige Feuerwehr weiter als ein wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens in Grünau.
Bis heute finden regelmäßige Veranstaltungen und Feierlichkeiten für die Öffentlichkeit statt. Aber auch in privater Atmosphäre wurden und werden Geburtstage, Weihnachtsfeiern und sogar Hochzeiten gefeiert. Der Zusammenhalt der Kameraden bei den Einsätzen bedeutet uns seit jeher sehr viel. Er ist der Grundstein für etliche Freundschaften fürs Leben.
In dem neuen Wachgebäude fand die theoretische Ausbildung statt. Durch die Lage Grünaus an Wald und Wasser bestehen ideale Bedingungen für das Einsatztraining der Kameraden.
Im Rahmen der Nachwuchsgewinnung wurden eine Vielzahl von Aktivitäten unternommen. In den Grünauer Kindergärten und in der Grünauer Schule sind wir noch heute gern gesehene Besucher in Einsatzkleidung und mit unseren roten Fahrzeugen.
Auch bei öffentlichen Veranstaltungen über Grünau hinaus ist unsere Wehr nicht mehr wegzudenken. Partnerschaftlicher Umgang mit Grünauer Bürgern und Vereinen entwickelt sich immer ausgeprägter. Benachbarte Feuerwehren aus Betrieben und Orten gehörten inzwischen zum festen Partnerkreis unserer Wehr.
Ein besonderer Höhepunkt war der Festumzug zum 750. Jahrestag von Berlin (Ost). Hier konnten wir, mit unserer inzwischen in mühevoller Arbeit überholten Pferdespritze, teilnehmen.
Wiedervereinigung
Mit der Wende 1989 wurde eine weitere geschichtliche Zeit eingeleitet. Im Oktober 1990 wurden die Ost- und die West- Berliner Feuerwehren wiedervereinigt. Ab Januar 1992 erfolgte die einheitliche Organisation der Berliner Feuerwehr. Das Stadtgebiet wurde in sechs Abschnitte aufgeteilt.
Die Feuerwache Grünau erhielt die Wachnummer 5470. Den damaligen Wehrleitern Horst Holländer und später Frank Jonas ist es zu verdanken, dass wir innerhalb der Berliner Feuerwehr sofort als vollwertige Freiwillige Feuerwehr wahrgenommen wurden. Die taktischen Grundlagen der Brandbekämpfung wurden zwischen Ost und West ausgetauscht. Der Alltag der Kameraden änderte sich insofern, dass nunmehr einheitliche Regeln und Ausbildungsstandards für ganz Berlin galten. Auch der Fahrzeugpark wurde nach und nach modernisiert. Robur und W 50 gehörten bei der Berliner Feuerwehr nicht mehr zum Standard. In den Jahren 1996 / 1997 erhielten alle rund 5.000 Einsatzkräfte der Berliner Feuerwehr eine neue Schutzkleidung aus dem Obermaterial „Nomex®“. Im August 2003 wurden neue Feuerwehrhelme aus hitzebeständigem Kunststoff einheitlich eingeführt.
Auf unserer Wache ging die Sorge um Nachwuchs weiter. Am 28. März 1998 wurde mit 13 Jungen und Mädchen die Grünauer Jugendfeuerwehr neu gegründet.
Die Ausbildung erfolgt durch den Jugendwart und Kameraden der FF. Schon drei Tage nach der Gründung begann die Ausbildung. Die Jugendfeuerwehr hat sich seitdem ständig weiterentwickelt und zum 25. Jubiläum am 28. März 2023 konnten wir 18 Mitglieder der JF verzeichnen.
Leider ist es nicht allen Mitgliedern der JF möglich, in die FF zu wechseln und in Grünau wohnen zu bleiben. Grund hierfür ist die Wohnungssituation mit ihren hohen Mieten. Die Lebenshaltungskosten sind für Auszubildende in unserer Stadtrandlage nicht erschwinglich und so ziehen immer wieder einige junge Kameraden aus Grünau weg.
Neue Wache
Durch erhebliche Sparmaßnahmen des Berliner Senats in den zurückliegenden Jahren seit der Wiedervereinigung wurden eine Vielzahl von Modernisierungen, der in die Jahre gekommenen Immobilien und Wachgebäude, in ganz Berlin zurückgestellt. Auch unser Wachgebäude wurde immer nur notdürftig repariert und instandgehalten.
Sehr erfreulich war für uns zu erfahren, dass die finanziellen Mittel bereitgestellt werden, in Grünau am Standort Schlierseestraße 10, ein neues Wachgebäude zu errichten. Dazu musste das alte Gebäude, welches bis dato auf den Grundmauern von 1906 immer wieder umgebaut wurde, weichen. Die Kameraden mussten Anfang 2020 umziehen und die Ausbildungen fanden in den Räumen des in DDR-Zeiten errichteten ehemaligen Frauengefängnisses Grünauer Straße 140 ihr temporäres Zuhause. Die Kameraden der Einsatzabteilung haben dann Ihren Einsatzdienst monatlich auf diversen BF-Wachen in der Berliner Innenstadt absolviert.
Mit Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 änderte sich auch für die Freiwillige Feuerwehr vieles. Es gab erhebliche Einschränkungen. Die persönlichen Kontakte waren nicht mehr möglich und die Übungsabende der Kameraden der FF- Grünau, sowie der Jugendfeuerwehr, konnten nicht mehr durchgeführt werden. Die Fertigstellung des neuen Wachgebäude verzögerte sich. Der Grundstein für unser neues Gebäude wurde zwar am 03. Dezember 2020 durch unseren Wehrleiter Michel Altenbokum gelegt und schon am 26. April 2021 konnte das Richtfest begangen werden. Gefeiert werden konnte coronabedingt zu beiden Anlässen jedoch nicht.
Schlüsselübergabe
Umso schöner war es für die Kameraden der FF-Grünau, als am 09. November 2022, im Beisein vieler Persönlichkeiten aus der Politik sowie vieler Grünauer Gäste, die feierliche Schlüsselübergabe an unsere Wehrleitung erfolgte.
An dieser Stelle wollen wir all denen danken, die bei der Vorbereitung, Planung und beim Bau mitgewirkt haben. Heute ist unsere Wache ein neues modernes Gebäude. Es ist zugleich Anlaufpunkt für viele Schaulustige und Feuerwehr Interessierte. Wir wünschen uns für die Zukunft, dass alle Kameraden gesund aus den Einsätzen zu ihren Familien zurückkehren.
Ganz besonders wollen wir die vielen verstorbenen Kameraden in Ehren halten. Sie waren es, die der Freiwilligen Feuerwehr Grünau gemeinnützig und aufopferungsvoll in Ehren gedient haben und darum gibt es uns noch heute!
Aktuell
Gegenwärtig wird durch einige Kameraden und Mitglieder der Ehrenabteilung die Ausgestaltung im Foyer des Gebäudes vorbereitet. Es ist mit einer kleinen Ausstellung begonnen worden. Immer wieder können wir sehen, wie diese kleine Ausstellung angenommen wird.
Wir hoffen, dass beim Tag der offenen Tür 2023 alles fertig ist, denn wir wollen mit historischem Material aber auch mit vielen Fotocollagen die Wände verschönern. Damit können wir bestimmt unseren zukünftigen Besuchern einen Einblick verschaffen, um die Entwicklung unserer Wehr von 1877 bis 2022 nachvollziehen zu können.
Nachsatz:
Wir wissen, dass unsere Historie und kleine Chronik noch lange nicht fertig und vollkommen sind. Deshalb werden wir versuchen, weiter nach historischen Funden zu suchen.
Stand: April 2023